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Der
Fund
Mitteltal, 17.1.2005.
8.00 Uhr, Tag des
Baubeginns. Die Holzböden, die Türen, die
Holzbohlenwände, das Täfer, soll ausgebaut werden,
damit die darauf folgenden Gewerke, Zimmerer, Maurer,
Putzrestaurator, anfangen können.
14.30 Uhr- Ein
Mitarbeiter der Holzmanufaktur Rottweil ruft an und sagt, daß
es einen Fund gibt offenbar eine Schachtel mit Schriften.
15.00 Uhr, Wir sind im Dachboden des Morlokhofes, Herr
Mauch zeigt mir eine Spanschachtel und sagt, daß da
Schriften von um 1790 drin sind. Dann zeigt er mir noch eine
Schachtel, in der alte Glasgefässe sind und kleine genagelte
Kinderschuhe. Ich sehe die Schachtel mit den Schriften durch, und
sehe, daß da sehr besondere Dokumente drin sind. Als
Eingeborene weiß ich, daß in dem Hof
Wunderheiler gelebt haben. . Da sind kleine Zettel mit dem
Pentagramm, und magischen Zeichnungen. und - Teile der
altdeutschen Schrift sind zu entziffern die älteste
Jahreszahl auf einem vierseitigen Dokument ist von 1767. Es sind
anscheinend Rezepte, sowie ein Schuldschein von 1790. Ich danke
dem Schreiner für seine Aufmerksamkeit und nehme die
Schachtel an mich. Meine Mutter kann diese Schrift lesen, wir
werden herausfinden, was dies bedeutet.
19.00 Uhr Meiner
Mutter, der ehemaligen Dorflehrerin ,- zeige ich die Schachtel
mit den Schriften, und vor allem die Dokumente mit den
Jahreszahlen. Zu der Schachtel mit den Kinderschuhen bekomme ich
den Kommentar, daß Schuhe noch bis in die Mitte der 50-er
Jahre genagelt waren. Warum? Ja, um das Leder zu schonen. Wenn
man auf den Nägeln ging, schonte man das Leder. Und die
Schriften die schienen zum Teil rätselhaft. Offenbar
ein Großteil waren Rezepte, wenn auch mit zum Teil
seltsamen Ingredienzien. gelber Schwefel, schwarzer
Teufeldreck, Galligel, Salbei, Enzian. Teilweise normale
Kräuterrezepte, mit merkwürdigen Beimengungen. Und dann
schienen da noch Beschwörungen zu sein Wie man
einen Dieb dazu bringt, das Gestohlene wiederzubringen Und
Schutzformeln für Menschen, die offenbar in den Krieg zogen,
oder anderweitig Schusswaffen ausgesetzt waren. Die Vergangenheit
meiner Schwarzwälder Heimat erschien plötzlich in
anderer Farbe. Wilderer? Menschen, die vor 200 Jahren um Schutz
vor Waffen, um Schutz vor Degen, gar vor Pfeil und Bogen, vor
Feuer und Rauch ersuchten.
25.1. Bei einem Termin im
Hotel Bareiss zeige ich unserem Bauherrn Hermann Bareiss und
Hoteldirektorin Frau Haueisen die Schachtel mit den Schriften.
Einige der Texte hat meine Mutter schon übertragen, unter
anderem den Bauvertrag von 1789. Frau Haueisen ist vollkommen
begeistert. Hermann Bareiss als eingeborener Mitteltäler
zeigt Respekt vor den Papieren.
Meine
Mutter hatte in den vergangenen Monaten Geschichten von den
Morlok-Heilern im Dorf gesammelt, und dabei Erstaunliches
gefunden. Es waren Geschichten gewesen, die besagten, daß
diese Menschen auf unerklärliche Weise helfen konnten
und dafür so gut wie kein Geld verlangten. Sie verhielten
sich entsprechend den klassischen und weltweit universellen
Regeln für Heiler, die besagen, daß die Heilfähigkeit
nur bleibt, wenn kein, oder nur ganz wenig Geld (die Unkosten)
verlangt wird, bzw. man nur das annimmt, was freiwillig gegeben
wird.
so einen aufregenden Beginn einer Baustelle hatte
ich selbst bei diesem Hof niemals erträumt.
7.2.
Endlich schaffe ich es, Herrn Dr. Wenz vom Denkmalamt in
Karlsruhe per mail von den Schriften und dem Fund zu berichten
mit einigen gescannten Schriften und Zeichnungen. Postwendend
kommt eine begeisterte Antwort. Ein einmaliger Fund, sagt er, es
muß unbedingt eine Pressekonferenz gemacht werden. Dies
leite ich weiter, und treffe auf entsprechende Resonanz. Für
den Gründonnerstag wird eine Pressekonferenz
vereinbart.
... der Rest ist bekannt- seither gibt sich
ganz sicher in Hauptsache dank unseres begeisterten und
bekannten Bauherrn die Prominenz im Morlokhof die Ehre:
Regierungspräsidenten, ehemalige Minister, das Fernsehen....
alte Heilkunst, verbunden mit einem alten Hof, und einem
bekannten Hotelier ist einfach ein Renner..
Aktuelles
zu dem Fund:
Mittlerweile sind 1 ½ Jahre seit
dem Fund vergangen. Es handelt sich um 132 Dokumente, die alle in
einem sehr guten Erhaltungszustand sind.
Seit kurzem
befasst sich eine Doktorandin der Uni Mainz im Fachgebiet
Kulturwissenschaften mit dem Fund und der Familie Morlok. Das
Einmalige des Fundes ist, laut Prof. Simon von der Uni Mainz, daß
bei diesem gefundenen Schriftengut die Quellen so gut sind. Der
Fundort ist bekannt, die Genealogie der Familie Morlok ist
bekannt bis zum Jahr 1599, es gibt noch Geschichten über die
Wunderheiler, die im Dorf und auch weit darüber
hinaus immernoch kursieren, obwohl der letzte Wunderheiler
1940 gestorben ist.
Die Möbel und Familienphotos der
Morloks sind noch vorhanden, und Medizinfläschchen mit
Verzeichnis wurden im Speicher gefunden.
Laut Andreas
Vogt aus Tübingen, ebenfalls Kulturwissenschaftler, der die
Transskription der Schriften überarbeitet hat, lässt
sich der Fund in 5 verschiedene Bereiche gliedern:
1. die
profanen Schriften der Bauvertrag zum Bau des Morlokhofes
wurde gefunden, sowie ein Schuldschein, und ein Zettel mit der
Verzeichnis von Knechtsentlohnungen.
2. Medizinische
gedruckte Schriften, - eine Werbung für venetianischen
Theriak von 1811, der Innentitel eines Medizinbüchleins.
3.
Amulette, Schutzgebete, Beschwörungs- und Heilformeln
4.
Kräuterrezepte, - z.T. mit Kräutern, die nicht
mitteleuropäisch sind, wie Ingwer, Sennesblätter, -
aber auch viele Einheimische Kräuter insgesamt ca. 65
verschiedene Pflanzen werden genannt.
5. Bäuerliches
Erfahrungswissen z.B. wie man Forellen und Hasen am
besten fängt, mit welchen Hilfsmitteln, und
wann.
Schließlich eben auch noch die Hardware,
die Medizinflaschen, zum großen Teil noch mit Inhalt, der
pharmakologisch untersucht werden wird.
Im Dachboden
des Hauses werden in Kürze in 6 Vitrinen die wesentlichen
Fundstücke präsentiert und erläutert.
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